Besinnung

Kapitel 50 - 17. Juni 2007


Paul hatte unruhig geschlafen. Er wachte in diesem Urlaub ungewöhnlich früh auf. Bisher war es ihr gemeinsames Leben lang immer Claudia gewesen, die als erste aufstand. Es regnete. Wie gut, dass sie für heute keinen Ausflug geplant hatten. Paul setzte sich auf die Terrasse. Die Dachterrasse der oberen Ferienwohnung bot ausreichend Schutz vor dem Regen. In dem Ruderboot, das zu ihrer Wohnung gehörte, stand das Wasser bereits einige Zentimeter hoch. Paul war allein, keine Menschenseele weit und breit, nicht einmal eine Ente war zu sehen. Bis auf die sanften, vom Niederschlag verursachten Geräusche herrschte Stille. Friedhofsstille. Paul versuchte nicht zu denken. Er wollte diesen Tag genießen, voll genießen. Und wenn er seine Gedanken schon nicht ganz abstellen konnte, dann wollte er wenigstens 'positiv' denken. Das hatte er sich fest vorgenommen.

Er freute sich auf das Rosinenbrot zum Frühstück, auf den Kaffee und auf seine Damen. Die Luft hatte sich trotz des länger anhaltenden Regens nur unwesentlich abgekühlt, sodass sie auf der Terrasse essen konnten. Bis dahin würden noch zwei Stunden vergehen. Schön diese Ruhe. In der Ferne fuhr langsam ein Kahn durchs Bild. Paul erkannte auf einem der Felder sogar einen Graureiher. Gerrit und seine Frau, denen neben ihrem vermieteten Gästehaus noch genügend Platz am Wasser zur Verfügung stand, hatten es wirklich gut. Die beiden waren sehr sympathisch und zuvorkommend, wirkten immer ausgeglichen und waren die idealen Gastgeber. Sogar die Kirchenglocken waren heute friedlich. Der Gottesdienst würde erst in ungefähr einer halben Stunde beginnen. Vielleicht sollte Paul den Gottesdienst besuchen. Er wäre bis zum gemeinsamen Frühstück rechtzeitig zurück.

Er war kein Kirchgänger. Pauls Realschullehrer, der das Fach Religion unterrichtete, hatte die Klasse einmal gefragt, wer von den Schülern an Gott glauben würde. Außer Paul hatte sich nur noch ein Klassenkamerad gemeldet von insgesamt einundzwanzig. Paul würde sich auch heute noch melden, auch wenn er nicht im streng christlichen Sinne glaubte. Dazu hatte er sich zu viel mit Hermann Hesse beschäftigt und mit den fernöstlichen Philosophien und Religionen. Auch war sein Glaube unstet. Er gelang im nicht durchgehend. Schon das lateinische Wort 'religio', was soviel heißt wie Rückbindung oder Rückbesinnung, deutet an, dass es sich beim Glauben um keinen rein passiven Vorgang handelt. Der Glaube oder der heilige Geist kommen eben nicht einfach so von oben angeflogen. Man muss sich schon selbst in Bewegung setzen, muss sich quasi rückwärts bewegen, zurück zu den Wurzeln. Besinnung auch Rückbesinnung braucht viel Zeit und Muße und den Fokus auf das Wesentliche, das Ziel, den Glauben. Zeit und Muße hatte Paul in seiner Jugend und Studentenzeit sehr viel mehr gehabt als heute.

Plötzlich dachte Paul, er hätte eine Eingebung. Er traute seinen Augen nicht. Das, was er da kommen sah, das hatte ihm wirklich der Himmel geschickt. Er stand auf, ging so leise er konnte durch das Zimmer, in dem Alexandra noch schlief und Claudia inzwischen las, und holte seine Digitalkamera. Als er wieder auf die Terrasse hinaustrat, war seine Schwanenfamilie schon angekommen. Er hatte das Gefühl, dass die kleinen Schwäne seit dem letzten Mal gewachsen waren. Kein Wunder bei der guten Verpflegung. Das Weißbrot schmeckte ihnen bestens, das konnte Paul sehen. Er wusste gar nicht, wo er das Weißbrot so schnell hergenommen hatte. Er wusste ebenso wenig, wie viele Fotos er schon wieder auf die xD-Karte seiner Olympus gespeichert hatte. Er wusste nur, dass sie voll werden würde.

Paul lächelte.

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Im Laufschritt

Kapitel 49 - 16. Juni 2007


Michi hatte gehetzt gewirkt. Klar, er stand unter Druck, hatte Angst um seinen Arbeitsplatz. Er hatte ja auch finanzielle Verpflichtungen aus seiner geschiedenen Ehe und das alles merkte man ihm natürlich an. Er war weiß Gott nicht der Einzige. Zehntausende in den privatisierten ehemaligen Staatsbetrieben, bei der Polizei, den Gemeinde- und Stadtverwaltungen mussten um ihren Broterwerb bangen. Die Mitarbeiter der Großunternehmen sowieso. Auf der anderen Seite nahm aber auch der Arbeitsdruck enorm zu, dem diejenigen ausgesetzt waren, die ihre Arbeit behalten durften. Das hatte Auswirkungen bis in das Privatleben hinein, gesundheitliche aber auch rein verhaltensauffällige.

Paul sah eine Nachbarin in Quickborn immer nur hetzen, zum Müllcontainer, zu den Waschmaschinen im Keller, zu ihrem Tiefgaragenstellplatz. Die liebe Frau lebte auf der Überholspur. Sie konnte gar nicht mehr anders, war total überdreht. Sie und ihr Mann hatten es nicht leicht. Sie mussten ihre Eigentumswohnung abbezahlen, ihre Reisen und ihre zwei Autos, einen Volvo S80 und einen Mercedes A-Klasse, finanzieren, ihr Wohnmobil unterhalten und für das Studium ihres Sohnes aufkommen, der an der Fachhochschule in Flensburg studierte.

Paul musste an Kopenhagen denken und an ihren Zwischenstopp, den sie auf der Rückreise von ihrem Schwedenurlaub eingelegt hatten. Seine Damen genossen ihren Einkaufsbummel und Paul wartete wohl an die dreißig Minuten vor dem Geschäft, in dem die beiden verschwunden waren. Zuerst dachte Paul, es müsse in einem der Geschäfte in der belebten Fußgängerzone etwas umsonst geben oder irgendein supergünstiges Sonderangebot nach dem Motto 'so lange der Vorrat reicht'. Die Kopenhagener gingen nämlich nicht. Viele von ihnen hetzten. Sie waren in auffällig schnellem Laufschritt unterwegs. Das sah schon komisch aus. Zwanzig Minuten später immer noch dasselbe Bild. Es konnte also nicht daran gelegen haben, dass ein bestimmtes Kaufhaus gerade geöffnet hatte oder ein ganz bestimmter Zug noch erreicht werden musste.


Foto-Kopenhagen

Fernab der Hektik - Paul hatte lieber die ruhige Seite Kopenhagens aufs Bild gebannt.


Klar, er war damals im Urlaub gewesen und bewegte sich selbst nicht gerade in Arbeitsgeschwindigkeit. Aber das, was die Kopenhagener vor seinen Augen aufführten, war für Paul unübersehbar Ausdruck der Verwirrung und Verirrung der Menschen, für die es ja nun wirklich nicht ums Überleben ging. Es war etwas faul. Es war irgendwie krank. Paul fing an, die Menschen zu bedauern. Er schaute ihnen in die Gesichter. Keiner lachte, keiner wirkte wirklich glücklich oder wenigsten zufrieden. In solchen Momenten hielt Paul die Menschen für eine Fehlentwicklung der Evolution.

Erst wenige Wochen vor ihrem jetzigen Urlaub fand Paul seinen persönlichen Eindruck von damals bestätigt. Eine wissenschaftliche Studie hatte den unterschiedlichen Lebensrhythmus von Städten untersucht und die Gehgeschwindigkeit der Fußgänger in fast allen Metropolen der Welt gemessen. Auf Platz eins der schnellsten Fußgänger lag, so glaubte sich Paul zu erinnern, Singapur gefolgt von - Kopenhagen! Die Wissenschaftler versuchten Gesetzmäßigkeiten abzuleiten zur Größe der Stadt, zum Lebensstandard ihrer Einwohner, zu ihrer Kultur und Gesundheit. Menschen, die in Städten mit hoher Gehgeschwindigkeit leben, leiden signifikant häufiger an Herzerkrankungen und sind ihren Mitmenschen gegenüber weniger hilfsbereit, so fanden sie heraus.

Die Zahlen wurden mit denen einer gleichartigen Studie von 1994 verglichen. Seitdem hatte die Gehgeschwindigkeit weltweit um durchschnittlich 10 Prozent zugelegt. Paul kombinierte: Also 10 Prozent weniger Hilfsbereitschaft auf der Welt allein seit 1994. Der Prozentsatz seit 1968 zum Beispiel, der würde ihn wirklich interessieren. Er schätzte ihn auf mindestens fünfzig Prozent. Das würde mit seiner Beobachtung übereinstimmen. Im Laufschritt entfernte sich die Menschheit von der Hilfsbereitschaft. Sie lief in den Egoismus. Sie ersetzte inneren Reichtum durch äußerlichen, materiellen. Herzlosigkeit und Unmoral nahmen immer mehr zu. Paul war erleichtert gewesen, dass seine Sinnesorgane und sein Beurteilungsvermögen wissenschaftliche Bestätigung erfuhren und auch mit über fünfzig noch so gut funktionierten.

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Der Mensch

Kapitel 47 - 16. Juni 2007


Der Mensch war für Paul ein Wunder der Natur. Da brauchte er nur Claudia anzusehen. Er fand sie so schön wie am ersten Tag, als er sie damals sechzehnjährig in der Tanzschule kennen gelernt hatte. Natürlich war auch seine Tochter ein kleines Wunder. Auch wenn er ihr Dasein weniger den höheren Mächten zuschrieb. Aber wie war er jetzt darauf gekommen, der Mensch sei ein Wunder der Natur? Er war darauf gekommen, weil das Go-Spiel, mit dem er sich gerade beschäftigte, von solcher Komplexität war und so viele ganz unterschiedliche Anforderungen stellte, dass es anders als beim Schach bisher nicht gelungen war, ein Computerprogramm zu entwickeln, das auch nur in Ansätzen in der Lage war, aussichtsreich gegen die besten Go-Spieler der Welt anzutreten. Zu solch unglaublich phantastischen Leistungen war nur der Mensch fähig. Das war wirklich mehr als bewundernswert.

Auf der anderen Seite könnte das Leben so viel schöner sein, wenn es die Menschen nicht gäbe. Paul war klar, dass das so ausgedrückt etwas hart klang. Aber er meinte es schon so. Ärger, Unfriede, Missverständnisse, Missgunst waren für ihn immer verbunden mit anderen Menschen. Manchmal, das konnte Paul nicht ignorieren, auch mit Claudia und Alexandra. Die Deutschen schienen ihm besonders einfallsreich, sich das Leben gegenseitig schwer zu machen. Gestern Morgen hatte er sich erschrocken. Auf seinem Fußweg zum Einkaufscenter träumte er, wie er es gern tat, einfach so vor sich hin, als ihn ein lautes 'Goedendag' erschreckte. Er muss den Mann ganz verdutzt angesehen haben. Er versuchte sich zu erinnern, aber er kannte den Herrn nicht. Auf den vielleicht fünfhundert Metern bis zum Center war er noch mindestens vier Mal freundlichst gegrüßt worden. Und es war nicht aufgesetzt oder einfach so dahergesagt. Nein, er sah es in den Gesichtern, es kam von innen. Die Holländer grüßten ihn von Herzen gern.

Wenn er in Hamburg oder auch in Quickborn unterwegs war, passierte ihm das nie. Ganz im Gegenteil, wenn er es einmal war, der freundlich grüßte, weil, wie er meinte, die Situation es gebot, kam oft keine Antwort, keinerlei Reaktion. Ihre Nachbarn waren auch so Typen, immer vergrämt und nie grüßend. In Hamburg überall gefühlter Stress und missgelaunte Mienen. Man wurde angerempelt. Die Worte 'Entschuldigung', 'bitte' oder 'danke' waren ausgestorben, zu Fremdwörtern geworden. Wer hielt einem heute noch die Tür auf? Wer nahm Rücksicht? Nur ganz wenige. Der einzelne Mensch mochte ein Wunder der Natur sein, über das Zusammenleben der Menschen konnte sich Paul nur immer wieder wundern.

Noch eindrucksvoller fand es Paul, wie die Menschen, die sich das Leben auf der einen Seite so schwer machten, es sich auf der anderen Seite wieder schön redeten. Wie sie die offensichtlichsten Fehlentwicklungen nicht nur nicht wahrnahmen, sondern sich sogar noch das genaue Gegenteil davon einzureden vermochten. Sie vollführten mit ihrem Gehirn, Verstand wollte es Paul an dieser Stelle lieber nicht nennen, wahre und ganz wunderliche Kunststücke. Im März waren er und Claudia von Bekannten eingeladen gewesen. Der Hausherr hatte gekocht und das sogar ganz vortrefflich. Man unterhielt sich bestens, bis Paul es nicht lassen konnte, das Gespräch bei passender Gelegenheit auf den Klimawandel zu bringen. Ein Wort gab das andere. Paul vertrat den Standpunkt, dass die notwendigen Kurskorrekturen zur Reduktion des CO2-Ausstoßes nicht rechtzeitig erfolgen werden. Dass ausgerechnet die Mehrheitsdemokratien der westlichen Welt, die die bedenkliche Entwicklung mit ihrer Konsum- und Wachstumseuphorie erst verursacht hatten, zurückrudern würden, sei für ihn ganz unwahrscheinlich. Zu groß und unverbesserlich sei der Einfluss von Wirtschaft und egoistischer Grundhaltung der Bürger.

Paul und Claudia erlebten ein Musterbeispiel von Verdrängung und Schönfärberei: Das Klima hätte sich nicht signifikant und schon gar nicht dramatisch verändert. Vergleichbare Temperaturschwankungen hätte es zu allen Epochen der Erdgeschichte immer wieder gegeben. In diesem Jahr seien zwei äußerst stabile Hochdruckgebiete für die höheren Temperaturen verantwortlich, die sich so ganz leicht erklären ließen. Außerdem sei gerade Deutschland das Land auf der Welt, das den Umweltschutz quasi erfunden hätte. Deutschland sei es, das soviel wie kein anderes Land für den Schutz der Umwelt täte und seine Technologie zum Segen der Menschheit und mit den zu erwartenden positiven Auswirkungen für die Umwelt in die ganze Welt exportiere. Dass jeder Deutsche mit sage und schreibe elf Tonnen CO2 pro Jahr zum weltweiten Klimawandel beitrug, schien gar keine Rolle zu spielen. Dass Deutschland damit nach den USA/Kanada das Industrieland mit der zweit- oder drittstärksten CO2-Emission pro Kopf der Bevölkerung war, zweitstärkster Klimasünder der Welt, das konnte jeder wissen, der es wissen wollte. Aber wer wollte das schon wissen? Stattdessen waren wir die Größten. Das war für Paul Bild-Zeitungsniveau. Dabei war der kochende Gesprächspartner alles andere als blöd. Er hatte studiert und war Leiter des internationalen Marketings einer großen japanischen Company. Er reiste heute zur Messe nach Las Vegas und morgen zur Muttergesellschaft nach Tokyo.

Auch ironisch betrachtet, war der Mensch für Paul ein wahres Wunder der Natur. Er konnte sich selbst ein X für ein U vormachen. Als zweitgrößter Klimaverschmutzer der Welt konnte er sich als Umweltschützer Nummer ein fühlen und auch noch allen Ernstes daran glauben. Da war Paul erst recht klar geworden, dass es in Deutschland nie und nimmer zu der notwendigen achtzigprozentigen Reduktion der CO2-Emissionen kommen würde. Er hatte aber des lieben Friedens willen schon gar nichts mehr geäußert. Der schöne Abend war sowieso ramponiert genug gewesen.

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Go

Kapitel 46 - 16. Juni 2007


Vom Schach, das er seit seinem neunzehnten Lebensjahr im Verein gespielt hatte, war Paul die letzte Zeit ganz abgekommen. Beim Schachspiel hat nach bereits acht bis zehn eigenen Zügen keine Chance mehr, wer die spezielle Eröffnung nicht kennt oder sie nicht ganz präzise spielt. Trotzdem kann sich die Partie bis zum bitteren Ende noch gut und gerne drei Stunden hinziehen. Paul mochte keine Eröffnungen studieren. Er mochte sich aber auch nicht stundenlang den Kopf zerbrechen, um letztendlich doch der ausweglosen Lage seiner Figuren Tribut zu zollen. In vielen Stellungen gab es höchstens einen vernünftig spielbaren Zug. Um den aber abzusichern, musste man im Kopf minutenlang alle denkbaren Spielabfolgen durchgehen. Nicht selten gab es aber auch gar keinen Erfolg versprechenden Zug mehr und man wurde nur immer weiter an die Wand gespielt. Das erlebte Paul, selbst dann, wenn er es war, der sich auf der Siegesstraße befand, als wenig stimmungsaufhellend. Stellungen, in denen keiner der Kontrahenten einen Vorteil erarbeiten konnten, die mit zunehmender Spielzeit immer blockierter wurden, bis irgendwann nichts mehr ging und ein Remisangebot erfolgte, wenn nicht doch noch einer der Spieler nach mehrstündigem Duell irgendeinen blöden Konzentrationsfehler beging, waren noch weniger prickelnd.

Beim Go hingegen standen beiden Spielern in vielen Phasen des Spiels eine ganze Reihe möglicherweise bester Züge zur Verfügung. Sie hatten beide die Qual der Wahl. Hinzu kam, dass ein Eröffnungsnachteil nicht zwangsläufig den Verlust der ganzen Partie nach sich ziehen musste.

Wer niemals Schach gespielt hat, der hat zumindest irgendwann einmal gehört, dass keine Schachpartie der anderen gleicht und es theoretisch Abermillionen von Spielabfolgen gibt. Theoretisch ist das auch so. Aber in der Realität spielen die meisten Spieler immer die gleiche Eröffnung, ihre Eröffnung, weil sie wissen, dass ihre Niederlage schon vorprogrammiert sein kann, wenn sie in einer ihnen unbekannten oder von ihnen lange nicht mehr gespielten Variante auch nur den zweitbesten Zug finden.

Beim Go-Spiel gibt es nicht nur theoretisch zigfach mehr Spielmöglichkeiten als beim Schach, jedes reale Spiel verläuft wirklich gänzlich unterschiedlich. Das gilt nicht nur für die Spiele der professionellen Spieler, der Spielstärken 9. bis 7. Dan, die vornehmlich aus Asien kommen, sondern auch für die weniger guten Spieler, die eine der Spielstärken 6. bis 15. Kyu aufweisen. Es gibt zahlreiche Verbindungen zwischen dem Go-Spiel und der Geistesgeschichte und Philosophie Chinas und Japans. Die Denk- und Geisteshaltung, die einen guten Go-Spieler auszeichnet, hat viel gemein mit dem Gedankengut des chinesischen Taoismus und des japanischen Zen.


Pauls-Go-Spiel

Pauls Go-Brett mit den weißen und schwarzen Steinen


Paul hatte sich in das 19x19 Felder große Brett mit den schwarzen und weißen Spielsteinen verliebt. Im Go-Spiel gelang Paul das, was ihm im normalen Leben nicht gelang. Er sah nicht nur die gegeneinander antretenden weißen und schwarzen Steine, er sah nicht nur ihren Triumph und ihren Untergang, er sah auch das Verbindende, die Schönheit des Spiels, die Harmonie und die innere Gesetzmäßigkeit, mit der sich die Steine auf dem Brett anordneten. Keiner der Steine war privilegiert, keiner war König und keiner Bauer. Alle Steine waren gleichwertig und nahmen völlig gleichberechtigt an diesem großartigen Spiel teil.

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Piazza dei Miracoli

Kapitel 45 - 16. Juni 2007


Paul zeigte Claudia und Alexandra die schönste Abbildung der SR32E, die er im Internet finden konnte. Nachdem er Claudias Idee abgewehrt hatte, die Videokamera günstig bei Ebay zu ersteigern, waren sie alle glücklich und zufrieden, ganz besonders Paul selbst. Er hatte keine große Lust, übermorgen mit nach Amsterdam zu fahren, obwohl er die Kamera dort bestimmt billiger bekäme. Er wollte es in dem Laden versuchen, an dem sie gestern in der Fußgängerzone von Alkmaar vorbeigegangen waren. Außerdem hatte er vor, am Montag noch einmal nach Bergen zu fahren.

"Bringt ihr Montag wieder ein Abendblatt mit?"
"Machen wir. Willst du nicht doch mitkommen. Du kannst dir die Arena von Ajax einmal ansehen." Das machte Paul im Urlaub wirklich gern. Noch lieber schaute er sich natürlich hier und da ein Spiel an. Aber die Ehrendivision befand sich wie die deutsche Bundesliga gerade in der Sommerpause.
"Danke. Aber mir wird schon nicht langweilig werden. Was unternehmen wir morgen? Wollen wir mal zur großen Düne nach Schoorl?" Das stieß bei seinen Damen auf null Gegenliebe. Vor allem Alexandras Bedarf an Ausflügen war mit Amsterdam, Volendam und Montag wieder Amsterdam vollends gedeckt. Claudia merkte an:
"Morgen haben die Geschäfte doch geschlossen!"

Paul dachte an die Düne, Claudia an die Geschäfte. Das war typisch. Als sie Alexandra vor einigen Jahren den Schiefen Turm von Pisa zeigen wollten, war es Paul das erste Mal so richtig aufgefallen. Von ihrem Hotel in Lerici bis nach Pisa war es ziemlich weit gewesen. Sie waren natürlich wie immer in der größten Mittagshitze unterwegs und ihr alter 3er BMW, Baujahr 1986, hatte keine Klimaanlage besessen. Angekommen, war Paul von der extremen Schieflage des Turms überrascht, obwohl er ihn ja schon einmal gesehen hatte. Paul kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus und er hatte bereits einige Fotos gemacht, als er feststellte, dass ihm seine Damen auf dem Weg vom Parkplatz vorbei am Camposanto Monumentale und am Dom irgendwo verlorengegangen waren. Irgendwo am Rande der weitläufigen Piazza dei Miracoli, dem Platz der Wunder. Nun hatte ihr Verschwinden weniger mit den Wundern von Pisa zu tun, als mit der vieler Frauen eigenen Neigung, an keinem Geschäft, Laden oder Shop einfach so vorbeigehen zu können. Und Souvenirshops gab es mehr als reichlich. Claudia und Alexandra brauchten ungelogen über eine halbe Stunde, um alle Shops abzuklappern und dieses und jenes mitzunehmen. Die Besichtigung des Turms mit obligatem Fotoshooting dauerte dagegen nicht mehr als vielleicht fünfzehn Minuten. Um ihn vor dem absehbaren Einsturz zu bewahren war der Turm saniert worden und konnte damals nicht bestiegen werden.

"Gut, dann machen wir uns hier einen schönen Tag." Claudia wandte sich wieder ihrer Fernsehsendung zu. Alexandra war mit ihrem Lap beschäftigt. Paul wusste nicht, was sie da machte. Er wollte sie auch besser nicht fragen, ob er das Internetkabel behalten durfte. Das hätte sie nur auf die Idee gebracht, doch noch zwei, drei Stunden zu chatten. Paul loggte sich mit seiner Software beim IGS Go Server ein, um eine Partie Go zu spielen.

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Camcorder

Kapitel 43 - 16. Juni 2007


Sony HDR-CX6EK und Panasonic HDC-SD5 - Die kleinen Schwarzen

Sie sind klein, schwarz und sexy: Die neuen Videokameras von Panasonic und Sony. Das Besondere: Sie passen auf eine ausgestreckte Männerhand und filmen in Full-HD. Die Sony mit 6,1 Megapixel, die Panasonic nur mit 2,1. Sie sind faszinierend handlich und wiegen ohne Akku nur 370 bzw. 340 Gramm. Weil sie keine beweglichen Teile mehr haben, legen sie sofort los mit scharfen Videoaufnahmen und knackigen Farben. Die Panasonic ist 1,5 Sekunden nach dem Einschalten filmbereit, die Sony braucht etwas länger. Ein Bildstabilisator gleicht eventuelles Zittern aus, der optische 10-fach-Zoom holt Entferntes deutlich sichtbar heran. Selbst Nacht- und Zeitlupenaufnahmen stellen kein Problem dar. Bei Sony erleichtert ein EASY-Modus Anfängern die Bedienung.


Paul hatte den Test im Internet auf der Seite von AudioVideoFoto BILD gefunden. Das klang alles ganz toll. Wie immer suchte Paul erst einmal nach dem Haken an der Sache und fand gleich mehrere. Die Camcorder filmten im neuen AVCHD-Format, das in keinem der normalen Videorecorder abgespielt werden konnte. Auch zu YouTube zum Beispiel ließ es sich nicht hochladen. Sie verfügten zudem über keine eingebaute Festplatte und die Memorysticks bzw. SD-Cards waren meist recht teure Zusatzinvestitionen, das wusste er von seiner Digicam. Auch ihr Preis war Paul mit ca. 1300 Euro viel zu hoch. Paul suchte weiter. Er arbeitete sich erst einmal durch die Homepage von SONY und entschied sich, des AVCHD-Formats wegen, gegen die moderneren High Definition Handycams. 'Handycam', so nannte SONY seine Camcorder. Das hatte etwas vom guten, altvertrauten Klang des 'Walkman', der SONY-Erfindung vergangener Tage. Unter den Handycams mit Standardauflösung wählte er die Produktreihe mit Festplatte. Es gab fünf verschiedene Modelle. Paul blieb gleich beim ersten hängen:

DCR-SR32E

Eleganter HDD Handycam® Camcorder der Spitzenklasse mit 30-GB-Festplattenspeicher
Aufnahmezeit bis zu 20 Stunden und 50 Minuten
Carl Zeiss® Vario-Tessar® Objektiv
40-facher optischer Zoom /2000-facher digitaler Zoom
STAMINA bis zu 10 Stunden 15 Minuten (mit optionalem Akku)
Handycam Station
Festplatten-Absturzschutzsystem mit UMTS-Sensor und Pufferspeicher
Advanced HAD CCD™ Aufnahmechip mit 800.000 Pixel
2,5"-LC-Display mit Touchscreen Bedienungsfreundliches Bildschirmmenü und Hilfefunktion
Einfaches Backup durch Synchronisierung mit dem PC
Taste „One Touch Disc Burn“ an der Handycam Station
Super SteadyShot
Super NightShot Plus
Easy Handycam-Funktion für einfaches, automatisches Aufnehmen
Hi-Speed USB 2.0 (Ausgang) …


Paul googelte 'stamina' und fand die Übersetzung: Ausdauer, Durchhaltevermögen. Da SONY keine Aussage zum Aufnahmeformat machte, googelte er auch 'cdr-sr32e format' und fand unter www.preistrend.de das Digital-Video-Format der SR32E: MPEG-2. Das war in Ordnung. Was auch auf den Preis zutraf: ab 429 Euro. Paul suchte noch nach Bewertungen und Erfahrungsberichten von Personen, die sich diese Handycam von SONY gekauft hatten und selbst mit ihr filmten.

Mich hat dieser Camcorder von Anfang an begeistert. Vor allem die Bildqualität und der fantastische Zoom. Was ihr damit alles sichtbar machen und aufnehmen könnt, das ist schon toll. Es sind mit der 30-GB-Festplatte (fast) unendliche lange Aufnahmen möglich. Und der Akku stellt sicher, dass euch dabei nicht so schnell der Strom ausgeht. Für mich ist der Camcorder ideal für verschiedenste Gelegenheiten wie Hochzeiten und Urlaub usw. Ich habe die Bedienungsanleitung gar nicht durchgelesen und konnte trotzdem sofort loslegen. Das war vor vier Monaten. Seitdem habe ich viel gefilmt und freue mich immer wieder über die tollen Videos. Von mir bekommt die SR32E eine glatte 1,0!

Die Berichte anderer Besitzer einer SR32E waren mit wenigen Ausnahmen ähnlich positiv. Die angeführten Kritikpunkte, zum Beispiel die Qualität der Fotos, die man mit der SR32E auch schießen konnte, oder die Tonqualität betreffend, spielten für Paul keine wesentliche Rolle. Für die Fotos hatte er ja seine Olympus und der Ton musste wirklich nicht im Quadrosound daherkommen. Leider gab es den Camcorder nicht mit schwarzem Gehäuse. Da sonst alles passte, konnte er damit aber leben. Wie für seine Digitalkamera würde er sich einen Ersatzakku dazukaufen.

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Der Schwindel

Kapitel 42 - 16. Juni 2007


"Hast du den Artikel über den Schwindel gelesen?", fragte Claudia, die in einer ihrer Frauenzeitschriften blätterte.
"Nein, du weißt doch, dass ich deine Zeitschriften nicht lese."
"Gut, dann les ich mal vor."
"Jojo, ich bin gerade im Internet!"
"Macht nichts. Geht ganz schnell." Paul hatte keine Chance.

"Psychisch bedingter Schwindel - ein Teufelskreis. Der psychisch bedingte, so genannte phobische Schwankschwindel kommt bei Menschen vor, die zu vermehrter Selbstkontrolle neigen. Meist hat der Patient am Anfang der Erkrankung eine Schwindelattacke als sehr verunsichernd erlebt. Daraufhin bekommt er Angst vor dem nächsten Anfall und beobachtet sich vermehrt. Schwindel bedeutet sowohl körperlich als auch seelisch den Verlust des Gleichgewichts. Nicht selten taucht der Schwindel in Lebensphasen auf, die von Unsicherheit und Veränderung geprägt sind: Wenn durch eine Trennung, durch den Verlust des Arbeitplatzes oder die Geburt eines Kindes zeitweise der Boden unter den Füßen verloren geht, dann kann die Seele so überfordert sein, dass sich diese Überforderung als Schwindel äußert. Oft sind davon sehr perfektionistische Menschen betroffen, die alles unter Kontrolle behalten möchten und dieses Kontrollgefühl auf ihre Balance übertragen. In einer gewissen Weise lenkt der Schwindel von den Problemen ab. Trauer, Angst und Sorgen werden nicht mehr gespürt. Wenn Gefühle durch körperliche Symptome wie Schwindel 'ersetzt' werden, spricht der Psychologe von Affektäquivalent. Schwindel ist häufig ein Begleitsymptom anderer seelischer Probleme. Zum Beispiel leiden viele Angstpatienten darunter."

"Interessant. Affektäquivalent. Sehr interessant." Paul quittierte Claudias Störung mit Ironie und hätte viel lieber an die schöne Bootsfahrt vom Nachmittag gedacht.


Bootsfahrt-Volendaam-Marken

Blick vom Boot aus zurück auf Volendam


"Nun tu bloß nicht so. Das trifft doch alles voll auf dich zu. Du hattest deinen Arbeitsplatz verloren. Und du bist ein Typ, der sich weder Gefühle noch Ängste eingestehen will."
"Ja klar! Und die Geburt von Alexandra hat bei mir eine Phobie ausgelöst und mir den Boden unter den Füßen weggezogen!?"
"Stimmt, seitdem bist du eifersüchtig!", mischte sich Alexandra ins Gespräch.
"Nun fang du nicht auch noch an! Lasst mich hier bitte jetzt weitermachen. Ich suche uns gerade einen Camcorder aus."

Claudia und Alexandra gaben wieder Ruhe. Er und eifersüchtig? Welch ein Unsinn! Pauls Schwindel sollte Platzhalter für Sorgen oder Ängste sein? Er sollte sich sozusagen selbst etwas vorgeschwindelt haben? Selbst wenn dem so gewesen sein sollte, dann hatte er jetzt keine Sorgen und Ängste mehr, denn sein Schwindel war eigentlich weg. Bis auf wenige Ausnahmen und immer dann, wenn es irgendwo besonders steil bergab ging. Als sie auf Capri den Sessellift auf den Monte Salero genommen hatten, musste er mit geschlossenen Augen hoch und auch wieder hinunter fahren. Das war schlimm gewesen. Für jeweils mindestens acht Minuten hing er allein in einem frei schwebenden Sitz. Jedes Mal, wenn er an einem T-förmigen Haltemast vorbeikam, wurde er durchgeschaukelt. Seine nach unten hängenden Beine konnten nicht frei baumeln, dazu war er viel zu angespannt gewesen. Zehn bis fünfzehn Meter vor ihm fuhr Alexandra und hinter ihm Claudia, die ihm immer wieder etwas Beruhigendes zurief. Geholfen hatte ihm das aber auch nicht sehr. Er konnte sie ja nicht sehen. Die Augen auch nur einen kleinen Moment öffnen? Das hätte die Aktion und seinen Zustand nur noch verschlimmert. Er wusste, dass unter ihm ein freier Fall von mindestens zehn Metern auf ihn wartete, wenn jetzt etwas passieren würde. Der Fall wäre nicht so entscheidend gewesen wie der Aufprall auf den Felsformationen. Da hätte es ein runder Felsen genauso getan wie ein spitzer. Und auch die Marienbrücke, die über den Abgrund der Pöllatschlucht führt und von der man einen so herrlichen Blick auf das Schloss Neuschwanstein genießt, konnte er nicht überqueren. Claudia und Alexandra hatten ihn stützen müssen. An das Brückengeländer hatte er sich nicht vorwagen können.

Gut, aber das waren eben ganz seltene Momente und die hatten nun garantiert nichts mit irgendwelchen wie auch immer gearteten Sorgen oder Kindheitserlebnissen zu tun.

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SONY

Kapitel 41 - 16. Juni 2007


Es war kein schlechter Tag für Paul. Auf der Rückfahrt von Volendam nach Broek op Langedijk hatte Alexandra von sich aus das Thema Videokamera noch einmal angeschnitten. Claudia ließ sich nach kilometerlanger Diskussion schließlich breitschlagen. "Na gut, dann aber eine von SONY!", hatte sie gesagt. Claudia hatte keine Ahnung, worauf es bei der Kaufentscheidung für einen Camcorder ankommen könnte, über welche technischen Ausstattungsmerkmale, heute sagte man wohl features, er verfügen sollte. Paul musste zugeben, dass er das bis gestern selbst nicht gewusst hatte. Ihm war klar, dass sich Claudia darüber aber auch gar nicht den Kopf zu zerbrechen brauchte, weil sie immer nach Optik, Design und Markennamen ging. Das engte Claudias Spektrum möglicher Entscheidungen von vornherein sehr ein, erleichterte ihr die Entscheidung aber auch jedes Mal. Pauls Aufgabe machte es nicht leichter, ganz im Gegenteil. Er musste immer Überzeugungsarbeit leisten, damit sie nichts kauften, was später zwar zur Dekoration der Wohnung taugte, aber nicht geeignet war, die eigentliche Funktion zur Zufriedenheit zu erfüllen.

Es gab nur wenige Unternehmen der Unterhaltungselektronik, die für Claudia grundsätzlich in Frage kamen: Bang & Olufsen, Apple, SONY und, weil sie mit ihren Laptops doch ganz zufrieden war, SAMSUNG. Zwar hatte SONY seine Spitzenposition in den letzten Jahren auch bei Claudia verloren, aber Apple verkaufte nur Computer, iPods und demnächst das iPhon. Eine Apple iCam gab es nicht. Das wusste sogar Claudia. Und selbst, wenn es sie gegeben hätte, wäre sie viel zu teuer gewesen. Paul konnte sich nur zu gut an das Theater erinnern, das dem Kauf ihres ersten Laptops vorausgegangen war. Ein Apple sollte es sein, zu fast 2000 Euro! Zum Glück für ihr Bankkonto konnten sich Claudia und Alexandra nicht auf die Farbe ihres Laptops einigen. Claudia bestand auf Silber, passend zum Fernseher im Wohnzimmer, während für Alexandra nur ein weißer in Frage kam. Ihr iPod war weiß. Ihre Uneinigkeit hatte eine frühzeitige demokratische Mehrheitsentscheidung der Familie verhindert, so lange bis Paul im Makromarkt an der Autobahn in Hamburg-Eidelstedt glücklicherweise ein Ausstellungsgerät von Samsung entdeckte, das nicht schlecht aussah und zudem nur 890 Euro kosten sollte. Er war heute noch stolz darauf, wie er es geschafft hatte, seine Damen vom Kauf des PowerBooks von Apple abzubringen. Geholfen hatte ihm Apples seinerzeitige Ankündigung, die bis dahin verbauten IBM-Prozessoren innerhalb von zwölf Monaten durch solche des Branchenführers Intel ersetzen zu wollen. Claudias und Alexandras neues PowerBook G4 hätte innerhalb weniger Monate zum alten Eisen gehört.

Paul wollte vergleichbare Turbulenzen dieses Mal gar nicht erst aufkommen lassen. Deshalb begab er sich gleich nach dem Abendessen und dem Abwasch, den er freiwillig übernommen hatte, wieder ins Internet. Zuvor hatte er sich vergegenwärtigt, worauf es ihm bei der Auswahl der richtigen Cam ankommen sollte. Wichtig waren: Die Möglichkeit der Videoaufnahme in einem der Videoformate AVI, MPEG oder WMV; eine integrierte Festplatte, die längere Videoaufnahmen speichern konnte; eine Akkulaufzeit von mindestens einer Stunde, eine einfache Bedienung, für Anfänger sozusagen; die Option, ein schwarzes Gehäuse wählen zu können; ein optischer Zoom, mindestens 10-fach; eine gute Bildqualität, möglichst auch bei Nachtaufnahmen, und der Markenname SONY.

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Das Abendblatt

Kapitel 40 - 16. Juni 2007


Sie hatten sich wider Pauls Erwartung einstimmig entschieden, seinem Vorschlag zu folgen und mit einem der hin und her pendelnden Fähren einen Abstecher nach Marken zu unternehmen. Claudia und Alexandra nahmen sich auf dem Schiff ihre Bücher vor. Paul warf einen Blick in das Abendblatt. Der Berichterstattung nach zu urteilen, gab es im Hinblick auf Umweltgefahren und Klimawandel eine gute Nachricht nach der anderen:

'Amazonas: Weniger gerodet…

Der Auslöser der Störung im AKW Krümmel ist möglicherweise nie zu klären. Kritisch ist die Situation jedoch nie gewesen…

Der sparsamste Golf aller Zeiten…

Mercedes bietet saubere Selbstzünder demnächst auch in den höheren Modellreihen.'


Super, dachte Paul ironisch, dann ist ja alles in Butter! Wenn die so weiter machen, gibt es am Amazonas bald gar nichts mehr zu roden! Wie man bei einem die Umwelt auf jeden Fall belastenden Automobil überhaupt von sauber sprechen konnte, war Paul wirklich ein Rätsel. Das war nicht einmal dann richtig, wenn das Auto frisch aus der Waschanlage kam! Und woher wollte man die Gewissheit nehmen, dass die Sicherheit im und um das Atomkraftwerk herum zu keiner Zeit gefährdet war, wenn man den Auslöser der Störung noch nicht einmal kannte? Oder ob er nicht bekannt werden sollte?

Paul hätte das Abonnement dieser Tendenzberichterstattung schon lange abbestellt. In seinen Augen war das Volksverdummung. Aber Claudia war geborene Altonaerin und schätzte ihr Abendblatt über alles. Man war immer informiert, was in Hamburg so los war, was neu eröffnete oder gebaut wurde, welche Veranstaltungen stattfanden. Das musste Paul einräumen. Bei der Lektüre des Abendblattes war für Paul jedoch Kritikfähigkeit oberstes Gebot. Das bezog sich natürlich ganz besonders auf die politischen Meldungen und Kommentare auf der zweiten Seite. Die Ehefrau von Oskar Lafontaine sollte doch tatsächlich gesagt haben:

'Das Glück meiner Familie ist mir wichtiger als mein Job. Ich vermisse nichts.'

Paul hatte seine ironische Ader noch nicht wieder abgestellt: Wirklich unvorstellbar! Eine Frau, die nicht von morgens bis abends arbeitet, die ihre Kinder nicht bei Kindergarten, Ganztagsschule, Großeltern oder geschiedenem Mann abliefert, die sich womöglich noch selbst um sie kümmert, statt ihre Unterbringung zu organisieren. Da sei das Abendblatt davor!

'Lafontaine ultimativ aufgefordert die Positionen zu klären.'

Genau! Damit auch die Frauen für weniger Geld mehr arbeiten können! Vor kurzem, so erinnerte sich Paul, hatte das Abendblatt die Zukunft vorwegnehmend einen sehr wohlwollenden Artikel zur Wiedereinführung des Schulunterrichts an Samstagen veröffentlicht. Noch ein paar Tage davor hatte er im selben Blatt gelesen: 'Wir müssen wegkommen von der Teilzeitbetreuung.' Es war ein Plädoyer für den Ganztagskindergarten gewesen. Das passte alles zusammen. Das passte zur 42 Stunden Woche, die die Bayern als Musterknaben der Nation gerade im öffentlichen Dienst eingeführt hatten.

Paul war klar, das war alles nur der erste Schritt. Die Schlagworte waren ihm präsent: Der Mitarbeiter und sein Return on Investment, Homogenisierung der Personalkosten internationaler Unternehmen (selbstredend auf unterstem Niveau), Volkswirtschaften im internationalem Wettbewerb, Stärkung des Leistungsprinzips, Vorreiterrolle Indiens! Paul kannte keine genauen Zahlen zu Indien. Er hatte neulich aber gelesen, dass der Sportartikelhersteller PUMA in einem chinesischen Werk in Zhongshan für angeblich 31 US-Cent die Stunde produzieren ließ, das waren in Euro grob gerechnet 23 Cent. Die wöchentliche Arbeitszeit sollte je nach betrieblicher Notwendigkeit, sprich Auftragslage, zwischen 76,5 und 100,5 Stunden variieren. Paul rechnete im Kopf: 100 mal 23 Cent. Das machte 23 Euro für eine Hundert-Stunden-Arbeitswoche und circa 100 Euro im Monat. Globalisierung: 76 bis 100 Wochenarbeitsstunden statt 42, 100 Euro statt der 'wettbewerbsverzerrenden und eindeutig Arbeitsplätze vernichtenden' deutschen Einkommen. Paul konnte sich die nächsten Schritte der deutschen Allianz aus Wirtschaft, Politik und Medien sehr gut vorstellen.

"Du hast schon wieder so eine ungesunde Gesichtsfarbe!", hörte er Claudia sagen. "Komm, wir sind da. Leg die Zeitung weg!"

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Volendam

Kapitel 39 - 16. Juni 2007


Nach dem Frühstück hatten sie Lebensmittel für das Wochenende und den Beginn der kommenden Woche eingekauft. Danach fuhr Paul mit Claudia nach Enkhuizen, um Alexandra abzuholen. Marits Vater machte einen netten Eindruck. Große Verabschiedung zwischen Alexandra und Marit. Dann war Pauls Familie wieder vollzählig. Weder Claudia noch Alexandra stand der Sinn nach einem weiteren Ausflug. Trotzdem fuhr Paul am Ijsselmeer entlang in Richtung Süden, bis nach Volendam. Das liebliche alte Hafenstädtchen war heute am Samstag gut besucht. Die Restaurants am Hafen hatten zur Mittagszeit Hochbetrieb. Alexandra war hungrig. Sie fanden ein schönes Plätzchen, von dem aus sie die ein- und ausfahrenden Boote beobachten konnten. Touristen gingen vorbei und ab und zu zwängte sich ein Bus die enge Uferpromenade entlang. Paul kam endlich zu seinem ersten Pannekoeken. Alexandra bestellte sich auch einen. Paul wählte den mit Speck und Alexandra einen mit Apfel.


Pfannkuchen

Paul und Alexandra aßen leckere Pannekoeken


Claudia aß ein Fischgericht und fragte Alexandra aus. Ja, es sei nett gewesen, den Film kannte sie ja schon, auch auf Englisch hätte sie fast alles gecheckt, das Konzert wäre nicht so ihr Geschmack gewesen, sie hätten sich trotzdem gut verstanden, Marits Vater und Mutter würden getrennt leben, die Mutter hätte Alkoholprobleme, deshalb lebte Marit bei ihrem Vater. Paul war aufgestanden und fotografierte seine Damen und die beiden leckeren Pfannkuchen. Claudia und Alexandra hatten sich inzwischen verständigt, am Montag zum Shoppen nach Amsterdam zu fahren. Alexandra berichtete, dass sie den VERO MODA Laden schon entdeckt hatte. Sie kamen noch einmal auf Marit zu sprechen.

"Wie war die eigentlich so in der Schule?"
"Ja, nicht so gut."
Alexandra hatte die High School mit A abgeschlossen, der bestmöglichen Schulnote. Claudia war stolz auf ihre Tochter: "Haben die Lehrer nie etwas zu deinen Leistungen gesagt?"
Alexandra: " Ja, schon. Der eine meinte, er bedauert es sehr, dass ich nach Deutschland zurückgehe, weil der Gesamtnotendurchschnitt der Schule erheblich sinken wird."
"Klar!", sagte Paul. Das war typisch Alexandra. Mehr Selbstbewusstsein ging nicht.
"Ich hab euch das Abendblatt mitgebracht."
"Danke, das ist gut. Schon gelesen?"
"Ne." Das war eigentlich eine überflüssige Frage. Paul wusste, dass Alexandra keine Zeitungen las.
"Was haltet ihr davon, wenn wir uns eine Videokamera kaufen?", fragte Paul spontan.
"Wie kommst du denn jetzt darauf?", wollte Claudia wissen.
"Oh, super! Dann kann ich Videos bei Youtube einstellen. Das machen die aus meiner Klasse alle!" Alexandra war begeistert.
"Wieso, was willst du denn filmen?"
"Meine Freundinnen, heimlich die Lehrer und dann können wir kleine Filme drehen, na du weißt schon, so lustige Sachen halt."
"Ja, das hab ich auch schon gehört.", stimmte Paul zu.
"Du willst doch nur deine Schwäne filmen!"
"Jojo, wen fotografier ich denn bitteschön andauernd? Euch. Und was würde ich filmen? Auch euch! Denk nur an den Strandspaziergang gestern."
"O Mama, biiitte!!"

Paul hatte ein gutes Gefühl. Claudia konnte Alexandra nichts abschlagen, schon gar nicht nachdem sie gerade über ihre tollen Schulleistungen gesprochen hatten. In der Tat fotografierte Paul viel. Früher waren es eher Landschaftsaufnahmen gewesen, die grandiose Amalfiküste, das azurblaue Meer bei Mondello, die mit Mohnblumen übersäten Felder zwischen Alberobello und Locorotondo oder der menschenleere Teil der kleinen Isola san Nicola. Seit der Geburt von Alexandra machte er bevorzugt Fotos von und mit seinen Damen. Claudia aber vor allem Alexandra lächelten in allen Variationen und vor jedem nur erdenklichen Hintergrund. Paul fotografierte seine heile Welt, die er unermüdlich im Bild festhielt.

Paul war sich bewusst, dass er ungewöhnlich viele Familienfotos aufnahm. Deshalb streute er - wie um sich zu entlasten - auch hier in Holland immer wieder andere Motive ein. Die bildfüllende Ansammlung von Fahrrädern am Bahnhof in Heerhugowaard, vorhin die Pfannkuchen und sogar die wilden Enten vor ihrer Ferienwohnung. Als stolzer Besitzer eines Camcorders würde er sowieso weniger fotografieren.

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Paul

Outplacement (Kriminalroman)

Herzlich willkommen!

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Sie lesen

in meinem autobiografischen Kriminalroman, der sich seit dem 30. Oktober 2007 in Arbeit befindet. (Sollte Ihre Startseite nur ein Kapitel des Romans zeigen, klicken Sie bitte oben auf PAUL.) Für mich geht es beim Schreiben in erster Linie darum, die Geschehnisse der letzten Monate aufzuarbeiten, soweit dieses überhaupt möglich sein wird. Ich möchte hier nichts beschönigen, nichts zu erklären versuchen, mich weder rechtfertigen noch selbstbezichtigen, sondern Abstand gewinnen. Zeit zum Schreiben habe ich in diesen Tagen und Wochen weiß Gott genug. Er möge mir auch die nötige Kraft und Hoffnung geben, um den Roman und mein Leben zu einem guten Ende zu bringen. Der Gedanke daran, dass Sie und andere Leser an meinem Schicksal teilnehmen, ist tröstlich und hilfreich. Ich danke Ihnen!

Was erwartet Sie?

Ohne zuviel vorwegzunehmen: Sicherlich keine leichte Unterhaltung! Aus der Sicht desjenigen, der die Geschichte durchlebt hat, kann von 'leicht' keine Rede sein. Es geht um Hörstürze, Arbeitsplatzverlust, Aufhebungsvertrag, Midlife-Krise, Globalisierung, Outsourcing, Outplacement und Sozialabbau. Aber auch um eine kritische Grundeinstellung und eine recht unglückliche Kettenreaktion. Paul war Personalleiter mit viel Sympathie für Betriebsräte und Arbeitnehmerinteres- sen. Sie erfahren ganz viel über Paul, seine Familie, sein Lieblingsland Italien, seine Urlaubsreisen, Holland, Indien, Japan, China, das Go-Spiel, Hamburg, die Alster und 'seinen' HSV, Schleswig-Holstein, Quickborn, die Bee Gees und, ob Sie wollen oder nicht, über die 'gute' alte Zeit.

INHALT (bisher)


Moin, ich bin Paul!

Eine Art Vorwort ...

1 Ausblick ........... 2 Frühstückstisch ... 3 Ins Netz gegangen 4 Die Achillesferse . 5 Das Mittelmeer ... 6 Gastschüler ....... 7 Tour de France ... 8 Michi ............... 9 Aan Zee ........... 10 Grundsatz- diskussion ........... 11 Der Kongress .... 12 Die Macher ...... 13 Bergen ........... 14 Wilhemminalaan 15 InterRail ......... 16 Für Marijke ...... 17 Die Kernspaltung 18 Personal- management ........ 19 Simmungs- schwankung ......... 20 Die Referenten .. 21 Gmail ............. 22 Die Biografie .... 23 An der Alster ..... 24 Das Hotel ......... 25 Global ............ 26 Das Aquarium .... 27 Die Enten ......... 28 Die Fütterung .... 29 Purismus .......... 30 Hochsitze ....... 31 Eine richtige Familie ............... 32 Tönning .......... 33 Jojo .............. 34 Fußball ............ 35 Café au lait ...... 36 Führungs- grundsätze ........... 37 Uganda ............ 38 Im Internet ....... 39 Volendam ......... 40 Das Abendblatt .. 41 SONY ............. 42 Der Schwindel ... 43 Camcorder ....... 44 Die Einstellung ... 45 Piazza dei Miracoli .............. 46 Go ................. 47 Der Mensch ....... 48 Der Anruf ......... 49 Im Laufschritt .... 50 Besinnung ........ 51 Alles OK .......... 52 Positives Denken 53 Die Bootsfahrt ... 54 Indien.............. 55 Ein Traum ........ 56 Königsberger Klopse ................ 57 Negativ ........... 58 Bella Napoli ...... 59 Schizophrenie ... 60 Der Einkauf ...... 61 Betriebliche Altersversorgung .... 62 Durchgang verboten ............. 63 Finanzamt Elmshorn ............. 64 Woodstock ....... 65 Der letzte Tag ... 66 Im Wald .......... 67 Das Gespräch .... 68 Die Mutprobe .... 69 Die Bee Gees .... 70 Goede namiddag!
FORTSETZUNG FOLGT

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PAULS TOP 18 (Singles alphabetisch sortiert)

Assembly
Never Never

Badfinger
Baby Blue

Bee Gees
The Only Love

Golden Earing
When The Lady Smiles

John Fogerty
Rock And Roll Girl

Journey
Faithfully

Lake
Do I Love You

Manfred Mann
You Angel You

Marc Anthony
You Sang To Me

Mink DeVille
Each Word's A Beat Of My Heart

O-Town
These Are The Days

Paper Lace
Love Song

Peter Gabriel
Solsbury Hill

Queen
I Want To Break Free

Stevie Nicks
Talk To Me

Train
Drops Of Jupiter

Tremeloes
(Call Me) Number One

White Lion
You're All I Need

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