Café au lait
Kapitel 35 - 15. Juni 2007
"Warum hast du dir kein Bier bestellt?" Paul war mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen und vermochte sich beim besten Willen nicht zu erinnern. Er dachte an die Miniaturausgabe eines Bierglases, aus dem er vorgestern in Bergen aan Zee getrunken hatte.
"Ich weiß nicht, ob hier auch 0,8 Promille erlaubt sind. Wenn ich an die holländischen Geschwindigkeitsbeschränkungen denke und an die vielen Lichtschranken, dann halte ich sogar null Promille und eine Polizeikontrolle an jeder fünften Ecke für gar nicht so unwahrscheinlich." Paul bekam einen Kaffee undefinierbarer Machart.
"Was ist denn das?"
"Nach Café au lait sieht das wirklich nicht aus.", bemerkte Claudia, deren Latte Macchiato ebenfalls alles andere als Vertrauen erweckend wirkte.
Nachdem sie beide an ihren Getränken und an dem des jeweils anderen genippt, sie nachgesüßt und noch einmal genippt hatten, waren sie sich einig. Das Kaffeekochen hatten die Holländer nicht erfunden. Van Nistelrooy, Robben und van der Vaart in allen Ehren, ebenso das holländische Rosinenbrot, die Pfannkuchen, die Grachten und die Vorgärten, aber ihren Kaffee konnten sie behalten. Trotzdem verweilten Claudia und Paul. Sie genossen den Blick auf den kilometerlangen Strand, der auf der einen Seite von Dünen und auf der anderen von der bis zum Horizont reichenden Nordsee eingerahmt war. Wie auf Sylt, freute sich Paul. Wer allerdings in Westerland das Wasser sehen wollte, musste zuvor Kurabgabe entrichten. Paul meinte sich an 6 Euro pro Person zu erinnern. Hier in Holland gehörte der Strand noch allen Bürgern, nicht nur denen, die ihn sich leisten konnten.
Dass die Reichen durchaus ganze Küstenabschnitte unter sich aufteilen konnten, hatten sie vor Jahren in Frankreich an der Côte d’Azur erfahren. Von ihrem Hotel in San Remo waren sie vorbei an Monte Carlo bis kurz vor Nizza nach Cap Ferrat gefahren. Ein Tipp ihres bebilderten Reiseführers versprach landschaftliche Schönheit, ein kleines Paradies auf Erden. Nach mehr als einstündiger Anfahrt versuchten sie, auf der Halbinsel kreuz und quer, hin und her fahrend, einen Zugang zum Meer zu finden. Keine Chance, überall Sackgassen, die vor die geschlossenen Tore riesiger Privatgrundstücke führten. Die einzelnen Grundstücke waren so dimensioniert und so gut gesichert, dass nicht einmal eine der Villen zu sehen gewesen war. Jedes Mal mussten sie wieder umkehren. Die Insel war ihnen als ein einziges großes Labyrinth erschienen. Ein Paradies in Privatbesitz. Sie hatten nach einer Rundfahrt von fast einer Stunde entnervt aufgegeben, ohne auch nur einen Blick auf Teile der Halbinsel, geschweige denn auf das Mittelmeer geworfen zu haben.
Paul kam vom Auto und vom Parkautomaten zurück. Er hatte noch einmal Geld nachgeworfen. Das schöne Wetter schien Claudias Achillessehne gut zu tun und sie hatten beschlossen, einen Strandspaziergang anzuschließen. Paul warf einen Blick auf die Pfahlkonstruktion ihres Strandrestaurants. Um es vor den Fluten zu schützen, stand es wie alle Cafés und Restaurants an diesem Küstenabschnitt am Fuße der Düne auf etwa zweieinhalb Meter hohen Pfählen. Unwillkürlich musste Paul an den Leiterhochsitz denken. Claudia nahm ihre Flip-Flops in die Hand und prüfte zuerst den feinen Sand und dann die Wassertemperatur. Ihrer Reaktion nach zu urteilen musste es empfindlich kalt sein. Vielleicht war sie aber auch auf eine der zahlreichen Muschelschalen getreten. Paul filmte sie mit seiner Digitalkamera. Er wollte näher heranzoomen, aber Fehlanzeige. Der 5-fach-Zoom seiner Olympus funktionierte nur beim Fotografieren, nicht jedoch im Videomodus. Das hatte er nicht gewusst. Er überlegte. Wie sollte er Claudia und Alexandra klarmachen, dass sie noch in diesem Urlaub eine Videokamera benötigten. Er wusste nicht einmal, wie diese Dinger heutzutage genannt wurden. Camcorder? Handycam?
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"Warum hast du dir kein Bier bestellt?" Paul war mit seinen Gedanken ganz woanders gewesen und vermochte sich beim besten Willen nicht zu erinnern. Er dachte an die Miniaturausgabe eines Bierglases, aus dem er vorgestern in Bergen aan Zee getrunken hatte.
"Ich weiß nicht, ob hier auch 0,8 Promille erlaubt sind. Wenn ich an die holländischen Geschwindigkeitsbeschränkungen denke und an die vielen Lichtschranken, dann halte ich sogar null Promille und eine Polizeikontrolle an jeder fünften Ecke für gar nicht so unwahrscheinlich." Paul bekam einen Kaffee undefinierbarer Machart.
"Was ist denn das?"
"Nach Café au lait sieht das wirklich nicht aus.", bemerkte Claudia, deren Latte Macchiato ebenfalls alles andere als Vertrauen erweckend wirkte.
Nachdem sie beide an ihren Getränken und an dem des jeweils anderen genippt, sie nachgesüßt und noch einmal genippt hatten, waren sie sich einig. Das Kaffeekochen hatten die Holländer nicht erfunden. Van Nistelrooy, Robben und van der Vaart in allen Ehren, ebenso das holländische Rosinenbrot, die Pfannkuchen, die Grachten und die Vorgärten, aber ihren Kaffee konnten sie behalten. Trotzdem verweilten Claudia und Paul. Sie genossen den Blick auf den kilometerlangen Strand, der auf der einen Seite von Dünen und auf der anderen von der bis zum Horizont reichenden Nordsee eingerahmt war. Wie auf Sylt, freute sich Paul. Wer allerdings in Westerland das Wasser sehen wollte, musste zuvor Kurabgabe entrichten. Paul meinte sich an 6 Euro pro Person zu erinnern. Hier in Holland gehörte der Strand noch allen Bürgern, nicht nur denen, die ihn sich leisten konnten.
Dass die Reichen durchaus ganze Küstenabschnitte unter sich aufteilen konnten, hatten sie vor Jahren in Frankreich an der Côte d’Azur erfahren. Von ihrem Hotel in San Remo waren sie vorbei an Monte Carlo bis kurz vor Nizza nach Cap Ferrat gefahren. Ein Tipp ihres bebilderten Reiseführers versprach landschaftliche Schönheit, ein kleines Paradies auf Erden. Nach mehr als einstündiger Anfahrt versuchten sie, auf der Halbinsel kreuz und quer, hin und her fahrend, einen Zugang zum Meer zu finden. Keine Chance, überall Sackgassen, die vor die geschlossenen Tore riesiger Privatgrundstücke führten. Die einzelnen Grundstücke waren so dimensioniert und so gut gesichert, dass nicht einmal eine der Villen zu sehen gewesen war. Jedes Mal mussten sie wieder umkehren. Die Insel war ihnen als ein einziges großes Labyrinth erschienen. Ein Paradies in Privatbesitz. Sie hatten nach einer Rundfahrt von fast einer Stunde entnervt aufgegeben, ohne auch nur einen Blick auf Teile der Halbinsel, geschweige denn auf das Mittelmeer geworfen zu haben.
Paul kam vom Auto und vom Parkautomaten zurück. Er hatte noch einmal Geld nachgeworfen. Das schöne Wetter schien Claudias Achillessehne gut zu tun und sie hatten beschlossen, einen Strandspaziergang anzuschließen. Paul warf einen Blick auf die Pfahlkonstruktion ihres Strandrestaurants. Um es vor den Fluten zu schützen, stand es wie alle Cafés und Restaurants an diesem Küstenabschnitt am Fuße der Düne auf etwa zweieinhalb Meter hohen Pfählen. Unwillkürlich musste Paul an den Leiterhochsitz denken. Claudia nahm ihre Flip-Flops in die Hand und prüfte zuerst den feinen Sand und dann die Wassertemperatur. Ihrer Reaktion nach zu urteilen musste es empfindlich kalt sein. Vielleicht war sie aber auch auf eine der zahlreichen Muschelschalen getreten. Paul filmte sie mit seiner Digitalkamera. Er wollte näher heranzoomen, aber Fehlanzeige. Der 5-fach-Zoom seiner Olympus funktionierte nur beim Fotografieren, nicht jedoch im Videomodus. Das hatte er nicht gewusst. Er überlegte. Wie sollte er Claudia und Alexandra klarmachen, dass sie noch in diesem Urlaub eine Videokamera benötigten. Er wusste nicht einmal, wie diese Dinger heutzutage genannt wurden. Camcorder? Handycam?
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Paul - Outplacement - 13. Dez, 19:44
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