Die Fütterung

Kapitel 28 - 14. Juni 2007


"Paul, wir holen Xandra doch übermorgen ab?"
"Na klar, müssen wir wohl!"
Pauls Antwort kam beim Abendessen wie aus der Pistole geschossen, obwohl eigentlich Sendepause war. Seit dem Wortwechsel vor einer Stunde, der genau genommen gar kein Wortwechsel gewesen war, hatten sie kein Wort mehr gesprochen. Zuhause konnten sie sich aus dem Weg gehen, aber in dem kleinen Ferienapartment war die Luft wie zum Schneiden. Deshalb war Paul froh, dass Claudia wieder ein normales Wort an ihn gerichtet hatte.
"Aber wieso übermorgen? Morgen Nacht, nach Mitternacht."
"Nein, übermorgen! Das haben wir dir doch schon erzählt!"
"Tut mir leid, das habt ihr nicht! Aber würdet ihr die Güte besitzen, es mir wenigstens ein einziges Mal zu wiederholen?"

So ganz hatte sich die Atmosphäre noch nicht wieder beruhigt. Paul hatte seine Entenfütterungsaktion Drei rechts, eine Handvoll links so lange fortgesetzt, bis die Brottüte leer gewesen war. Und just in diesem Moment war Alexandra auf der Terrasse erschienen, um die Enten zu füttern, wie sie sagte.
"Mama, Papa hat all unser Brot an unsere Enten verfüttert!!!"
Die Betonung auf unser und unsere machte klar, dass Brot und Enten Alexandra und ihrer Mutter zugesprochen wurden. Claudia und Paul hatten Alexandra das Petzen in frühen Jahren abgewöhnt. Erfolgreich. Es gab nur eine Ausnahme und die gab es häufiger, als es Paul recht war: Alexandra verpetzte ihren Vater. Das ärgerte ihn jedes Mal. Umso mehr, als er genau wusste, dass das regelmäßig den Einsatz von Claudia einläutete. Die beiden waren ein eingespieltes Team.

"Paul, was soll denn das? Nicht nur, dass du das Rosinenbrot isst, als sei es kostenlos, und am liebsten alles an die Armen verteilen würdest, jetzt gibst du auch noch unser letztes Brot an die Enten!!"
Entscheidend war gar nicht, was Claudia sagte, sondern immer, in welchem Ton sie es tat. Ganz abgesehen davon, dass es für Paul ganz neu war, dass das Brot, das er besorgt hatte, Alexandras und Claudias Brot gewesen sein sollte. Die streitbaren Enten durften seine Damen ja gern behalten. Aber der Ton machte die Musik und klang in Pauls Ohren wie eine Oper von Orff. Kaum auszuhalten. Es tat ihm weh. Er biss die Zähne zusammen und schwieg. Es fiel ihm nie etwas Vernünftiges ein, wenn ihn Claudia derart emotional anfuhr. Stundenlanges und manchmal tagelanges Schweigen war die Folge. Paul wusste, dass die Situation mit jeder Schweigeminute verfahrener wurde, aber er konnte nicht anders. Er war wie blockiert. Nein, er war blockiert! Das waren die Momente, Stunden, Tage in denen er ernsthaft die Anschaffung eines Aquariums erwog.

"Xandra übernachtet bei Marit. Der Vater bringt sie übermorgen Mittag nach Enkhuizen, wo wir sie abholen. Alles klar?"
"Alles klar. Wieso aus Amsterdam plötzlich Enkhuizen geworden ist, allerdings nicht."
"Mensch Papa. Wir gucken uns in Amsterdam Harry Potter an, auf Englisch übrigens, und fahren dann mit der Bahn zu ihr nach Hause, nach Leylystad."
Damit war Paul immer noch nicht klar, was Leylystad mit Enkhuizen zu tun hatte, aber des lieben Friedens willen wollte er nicht weiter nachhaken. Seine Damen unterhielten sich oft ganze Tage, ohne sich bewusst zu sein, wie häufig Paul sich ausgeschlossen fühlte, wie oft er allerdings auch gar nicht dabei war. Später waren sie sich dann aber immer ganz sicher, es Paul schon erzählt zu haben.

Ihre Enten würde er jedenfalls nicht mehr füttern, selbst wenn sie verhungern sollten.

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Paul

Outplacement (Kriminalroman)

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in meinem autobiografischen Kriminalroman, der sich seit dem 30. Oktober 2007 in Arbeit befindet. (Sollte Ihre Startseite nur ein Kapitel des Romans zeigen, klicken Sie bitte oben auf PAUL.) Für mich geht es beim Schreiben in erster Linie darum, die Geschehnisse der letzten Monate aufzuarbeiten, soweit dieses überhaupt möglich sein wird. Ich möchte hier nichts beschönigen, nichts zu erklären versuchen, mich weder rechtfertigen noch selbstbezichtigen, sondern Abstand gewinnen. Zeit zum Schreiben habe ich in diesen Tagen und Wochen weiß Gott genug. Er möge mir auch die nötige Kraft und Hoffnung geben, um den Roman und mein Leben zu einem guten Ende zu bringen. Der Gedanke daran, dass Sie und andere Leser an meinem Schicksal teilnehmen, ist tröstlich und hilfreich. Ich danke Ihnen!

Was erwartet Sie?

Ohne zuviel vorwegzunehmen: Sicherlich keine leichte Unterhaltung! Aus der Sicht desjenigen, der die Geschichte durchlebt hat, kann von 'leicht' keine Rede sein. Es geht um Hörstürze, Arbeitsplatzverlust, Aufhebungsvertrag, Midlife-Krise, Globalisierung, Outsourcing, Outplacement und Sozialabbau. Aber auch um eine kritische Grundeinstellung und eine recht unglückliche Kettenreaktion. Paul war Personalleiter mit viel Sympathie für Betriebsräte und Arbeitnehmerinteres- sen. Sie erfahren ganz viel über Paul, seine Familie, sein Lieblingsland Italien, seine Urlaubsreisen, Holland, Indien, Japan, China, das Go-Spiel, Hamburg, die Alster und 'seinen' HSV, Schleswig-Holstein, Quickborn, die Bee Gees und, ob Sie wollen oder nicht, über die 'gute' alte Zeit.

INHALT (bisher)


Moin, ich bin Paul!

Eine Art Vorwort ...

1 Ausblick ........... 2 Frühstückstisch ... 3 Ins Netz gegangen 4 Die Achillesferse . 5 Das Mittelmeer ... 6 Gastschüler ....... 7 Tour de France ... 8 Michi ............... 9 Aan Zee ........... 10 Grundsatz- diskussion ........... 11 Der Kongress .... 12 Die Macher ...... 13 Bergen ........... 14 Wilhemminalaan 15 InterRail ......... 16 Für Marijke ...... 17 Die Kernspaltung 18 Personal- management ........ 19 Simmungs- schwankung ......... 20 Die Referenten .. 21 Gmail ............. 22 Die Biografie .... 23 An der Alster ..... 24 Das Hotel ......... 25 Global ............ 26 Das Aquarium .... 27 Die Enten ......... 28 Die Fütterung .... 29 Purismus .......... 30 Hochsitze ....... 31 Eine richtige Familie ............... 32 Tönning .......... 33 Jojo .............. 34 Fußball ............ 35 Café au lait ...... 36 Führungs- grundsätze ........... 37 Uganda ............ 38 Im Internet ....... 39 Volendam ......... 40 Das Abendblatt .. 41 SONY ............. 42 Der Schwindel ... 43 Camcorder ....... 44 Die Einstellung ... 45 Piazza dei Miracoli .............. 46 Go ................. 47 Der Mensch ....... 48 Der Anruf ......... 49 Im Laufschritt .... 50 Besinnung ........ 51 Alles OK .......... 52 Positives Denken 53 Die Bootsfahrt ... 54 Indien.............. 55 Ein Traum ........ 56 Königsberger Klopse ................ 57 Negativ ........... 58 Bella Napoli ...... 59 Schizophrenie ... 60 Der Einkauf ...... 61 Betriebliche Altersversorgung .... 62 Durchgang verboten ............. 63 Finanzamt Elmshorn ............. 64 Woodstock ....... 65 Der letzte Tag ... 66 Im Wald .......... 67 Das Gespräch .... 68 Die Mutprobe .... 69 Die Bee Gees .... 70 Goede namiddag!
FORTSETZUNG FOLGT

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Lake
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You Angel You

Marc Anthony
You Sang To Me

Mink DeVille
Each Word's A Beat Of My Heart

O-Town
These Are The Days

Paper Lace
Love Song

Peter Gabriel
Solsbury Hill

Queen
I Want To Break Free

Stevie Nicks
Talk To Me

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Tremeloes
(Call Me) Number One

White Lion
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