Das Aquarium

Kapitel 26 - 14. Juni 2007


Paul war kein Tierfreund. Wahrscheinlich lag es daran, dass er einfach nie Umgang mit Tieren hatte. Dafür hatte er Respekt vor ihnen, besonders vor Hunden und Pferden, obwohl er keine schlechte Erfahrungen mit ihnen machen musste. Sein Vater besaß früher ein Aquarium mit Guppys, Neonfischen, Skalaren, Welsen und einem Kampffisch. Die Stunden, die Paul in seiner Jugend damit zugebracht hatte, den Fischen zuzusehen, mussten in die Tausende gegangen sein.

Immer, wenn es mit seinem Vater Stress gab, wandte er sich den Fischen zu. Sie waren nicht gestresst, nicht gereizt, zeigten ihm nicht Tag für Tag, dass er so, wie er war, nicht richtig war. Gaben ihm nicht jahrelang das Gefühl, zu stören, wiederholten nicht die immer gleichen Vorhaltungen. Sie nörgelten nicht an seinen langen Haaren herum, um im nächsten Atemzug voller Überzeugung zu erklären, dass bei Hitler nicht alles schlecht gewesen sei. Bei ihnen ging es nicht um eine Minute, die er zu spät zum Abendessen heimgekommen war. Sie störten sich nicht an den Hausschuhen, die er nicht trug, nicht an dem gekochten Ei, das er ungeschickt aß, und auch nicht an dem Schraubenzieher, den er nicht fachmännisch genug handhabte. Nein, die Fische kamen gern zu ihm an die Scheibe des Aquariums. Er brauchte diese nur mit dem Finger zu berühren. Es schien sogar, als mochten sie seine Musik. Sie waren immer dankbar für seine Gesellschaft, noch dankbarer allerdings für das Trockenfutter und die Wasserflöhe, mit denen er sie fütterte.

Für ihn war die Aquariumschau wie Meditation gewesen. Nein, nicht dass er geistesabwesend alles um sich herum vergessen hätte, dazu war die Stimmung jedes Mal einfach zu bedrückend, aber er hatte seine Ruhe. Es gibt Menschen, die Ruhe, absolute Ruhe überhaupt nicht vertragen können, die immer Leben oder zumindest eine Geräuschquelle um sich herum brauchen. Paul liebte die Ruhe, sie war ihm nicht fremd. Sie war ihm eine gute Freundin und noch heute eine gute alte Bekannte.

Er würde den Tag nie vergessen, an dem sein Vater die Fische in der Toilette herunterspülte. Weg waren sie, für immer. Von da an hatte Paul nur noch seine Musik gehabt: NDR2, Radio Luxemburg und Radio Carolina, seinen Dual-Plattenspieler und sein Uher-Tonbandgerät. Die Bee Gees, Hollies, Kinks, Tremeloes, T-Rex, CCR, Mozart, Beethoven und Bellini. Später dann, er hatte erst mit ungefähr 17 Jahren angefangen, sich für Literatur zu interessieren, waren Hesse, Dostojewski, Tolstoi, Kafka, Musil, Doderer, Lao-Tse und Highsmith hinzugekommen. Alle zusammen und jeder für sich waren sie großartiger und bewundernswerter als die Menschen, die er kannte, die Verwandten, Nachbarn, Lehrer, die Eltern seiner Freunde und Schulkameraden. Das änderte sich erst als Paul seine erste Freundin kennen lernte. Von da an war er seltener zu Hause gewesen, seltener bei seiner Musik und bei seinen Büchern.

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Paul

Outplacement (Kriminalroman)

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in meinem autobiografischen Kriminalroman, der sich seit dem 30. Oktober 2007 in Arbeit befindet. (Sollte Ihre Startseite nur ein Kapitel des Romans zeigen, klicken Sie bitte oben auf PAUL.) Für mich geht es beim Schreiben in erster Linie darum, die Geschehnisse der letzten Monate aufzuarbeiten, soweit dieses überhaupt möglich sein wird. Ich möchte hier nichts beschönigen, nichts zu erklären versuchen, mich weder rechtfertigen noch selbstbezichtigen, sondern Abstand gewinnen. Zeit zum Schreiben habe ich in diesen Tagen und Wochen weiß Gott genug. Er möge mir auch die nötige Kraft und Hoffnung geben, um den Roman und mein Leben zu einem guten Ende zu bringen. Der Gedanke daran, dass Sie und andere Leser an meinem Schicksal teilnehmen, ist tröstlich und hilfreich. Ich danke Ihnen!

Was erwartet Sie?

Ohne zuviel vorwegzunehmen: Sicherlich keine leichte Unterhaltung! Aus der Sicht desjenigen, der die Geschichte durchlebt hat, kann von 'leicht' keine Rede sein. Es geht um Hörstürze, Arbeitsplatzverlust, Aufhebungsvertrag, Midlife-Krise, Globalisierung, Outsourcing, Outplacement und Sozialabbau. Aber auch um eine kritische Grundeinstellung und eine recht unglückliche Kettenreaktion. Paul war Personalleiter mit viel Sympathie für Betriebsräte und Arbeitnehmerinteres- sen. Sie erfahren ganz viel über Paul, seine Familie, sein Lieblingsland Italien, seine Urlaubsreisen, Holland, Indien, Japan, China, das Go-Spiel, Hamburg, die Alster und 'seinen' HSV, Schleswig-Holstein, Quickborn, die Bee Gees und, ob Sie wollen oder nicht, über die 'gute' alte Zeit.

INHALT (bisher)


Moin, ich bin Paul!

Eine Art Vorwort ...

1 Ausblick ........... 2 Frühstückstisch ... 3 Ins Netz gegangen 4 Die Achillesferse . 5 Das Mittelmeer ... 6 Gastschüler ....... 7 Tour de France ... 8 Michi ............... 9 Aan Zee ........... 10 Grundsatz- diskussion ........... 11 Der Kongress .... 12 Die Macher ...... 13 Bergen ........... 14 Wilhemminalaan 15 InterRail ......... 16 Für Marijke ...... 17 Die Kernspaltung 18 Personal- management ........ 19 Simmungs- schwankung ......... 20 Die Referenten .. 21 Gmail ............. 22 Die Biografie .... 23 An der Alster ..... 24 Das Hotel ......... 25 Global ............ 26 Das Aquarium .... 27 Die Enten ......... 28 Die Fütterung .... 29 Purismus .......... 30 Hochsitze ....... 31 Eine richtige Familie ............... 32 Tönning .......... 33 Jojo .............. 34 Fußball ............ 35 Café au lait ...... 36 Führungs- grundsätze ........... 37 Uganda ............ 38 Im Internet ....... 39 Volendam ......... 40 Das Abendblatt .. 41 SONY ............. 42 Der Schwindel ... 43 Camcorder ....... 44 Die Einstellung ... 45 Piazza dei Miracoli .............. 46 Go ................. 47 Der Mensch ....... 48 Der Anruf ......... 49 Im Laufschritt .... 50 Besinnung ........ 51 Alles OK .......... 52 Positives Denken 53 Die Bootsfahrt ... 54 Indien.............. 55 Ein Traum ........ 56 Königsberger Klopse ................ 57 Negativ ........... 58 Bella Napoli ...... 59 Schizophrenie ... 60 Der Einkauf ...... 61 Betriebliche Altersversorgung .... 62 Durchgang verboten ............. 63 Finanzamt Elmshorn ............. 64 Woodstock ....... 65 Der letzte Tag ... 66 Im Wald .......... 67 Das Gespräch .... 68 Die Mutprobe .... 69 Die Bee Gees .... 70 Goede namiddag!
FORTSETZUNG FOLGT

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Never Never

Badfinger
Baby Blue

Bee Gees
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Golden Earing
When The Lady Smiles

John Fogerty
Rock And Roll Girl

Journey
Faithfully

Lake
Do I Love You

Manfred Mann
You Angel You

Marc Anthony
You Sang To Me

Mink DeVille
Each Word's A Beat Of My Heart

O-Town
These Are The Days

Paper Lace
Love Song

Peter Gabriel
Solsbury Hill

Queen
I Want To Break Free

Stevie Nicks
Talk To Me

Train
Drops Of Jupiter

Tremeloes
(Call Me) Number One

White Lion
You're All I Need

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