Der Anruf
Kapitel 48 - 16. Juni 2007
Paul konnte sein Go-Spiel nicht zu Ende bringen.
"Irgendwas klingelt da.", stellte Alexandra fest.
"Ich hör nichts.", sagte Claudia.
"Ich auch nicht.", war sich auch Paul ganz sicher.
"Doch! Das kommt von drüben. Bestimmt dein Handy, Papa!"
"Ja, ja, ich geh ja schon."
Paul hatte sein Handy, genau wie sein Portemonnaie, seinen Schlüsselbund und seine Digicam, in die Schublade gelegt, in die er seine Strümpfe eingeräumt hatte. Er kam gerade noch rechtzeitig.
"Paul Sommer!"
"Wo steckst du denn. Liest du deine E-Mails nicht mehr? Seit Donnerstag versuch ich dich zu erreichen!"
"Hallo Michi! Entschuldigung, aber wir machen gerade Urlaub. Man gönnt sich ja sonst nichts. Was gibt es denn so Wichtiges?"
"Das ist es ja. Eigentlich gar nichts. Nur Gerüchte. Aber das ist schlimmer, als wenn endlich mal einer sagen würde, was los ist."
"Michi entschuldige, aber ich bin im Urlaub. Ich muss meine grauen Zellen erst wieder auf Betriebstemperatur bringen. Im Moment versteh ich wirklich nur Bahnhof. Was für Gerüchte?"
"Kurz gesagt, dass Novalis hier dicht macht!"
"Wie dicht macht?"
"Alles ab nach Indien!"
"Denk doch mal in Ruhe nach. Wie soll das denn gehen?"
"Weiß ich auch nicht. Aber du kennst ja Buschmann!"
"Da hast du auch wieder Recht. Was sagt denn Tatjana? Die muss doch was wissen!"
"Die ist hier und hört mit. Das…"
"Grüß sie schön!"
Paul hörte Tatjana im Hintergrund, verstand aber nicht, was sie sagte.
"Sie weiß von nichts. Sie vermutet seit einiger Zeit, dass Buschmann einiges von der Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden schreiben lässt. Er ist auch so oft da drüben im Büro."
"Und wer hat das gesagt? Das mit Indien mein ich."
"Kennst du den Brecht aus der Unternehmensplanung? Ne, kannst du nicht kennen. Der meint, unser Betriebsratsvorsitzender hätte so Andeutungen gemacht. Der sitzt doch als Arbeitnehmervertreter mit im Aufsichtsrat. Und irgendwie geht das überall rum. Wer kann da schon sagen, wo das wirklich herkommt."
"Kann ich was für dich tun?"
"Gut wär, du würdest Buschmann schnellstens einen neuen Job besorgen, am besten einen in Indien! Ist doch sein Lieblingsland."
"Na, du hast deinen Humor ja doch noch nicht ganz verloren. Das beruhigt mich."
"Du machst doch jetzt auf Outplacement. Da hast du Kontakte und hörst so einiges. Wenn da mal ein interessanter Job für mich dabei ist, dann ruf mich an. Ich möchte mich ungern überraschen und auf dem falschen Fuß erwischen lassen. Dann lieber schon das eine oder andere Eisen im Feuer haben."
"Ok, mach ich. Aber so schlimm wird es schon nicht kommen!"
"Das sagst du. Hier hört man wie gesagt alles Mögliche. Alles was nicht Marketing, Vertrieb oder Service ist, soll weg oder stark reduziert werden. Für Indien soll es ein Politprojekt werden. Der Einstieg in das Outsourcing für den deutschen Markt. Novalis arbeitet seit acht mit den Unis in Neu-Dehli und Bangalore zusammen. Dort sollen sie alles vorbereitet haben: Neue Studiengänge, deutsche Sprache und so. Die haben solche Sachen bisher nur mit Unternehmen aus dem englischen Sprachraum auf die Beine gestellt. Weißt du eigentlich, dass unsere Telefonzentrale seit sechs Monaten in Bangalore sitzt?"
"Wie bitte? Was wollen die Damen denn da?"
"Die Damen sind entlassen. Das machen jetzt irgendwelche Inderinnen. Du, die sprechen perfekt Deutsch. Ich hab die ein paar Mal getestet. Weiß auch nicht, wie die das machen. Das klappt jetzt fast besser als früher. Keine Beschwerden."
"Aber Tatjanas Job wird er kaum nach Indien verlegen." "Du siehst ja, wenn er jetzt schon die vertraulichen Angelegenheiten ins andere Sekretariat vergibt."
"Ich glaub es einfach nicht!"
Paul hatte sich seit Langem kein neues Handy gekauft.
Als das Gespräch zwanzig Minuten später beendet war, setzte sich Paul, der das Telefonat im Stehen geführt hatte, erst einmal auf sein Bett und legte sein Handy aufs Kopfkissen. Er atmete tief durch. Wie gut, dass er nicht mehr in dieser Tretmühle war. Gut auch, dass Michi ihn nicht gefragt hatte, wo sie ihren Urlaub verbrachten.
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Paul konnte sein Go-Spiel nicht zu Ende bringen.
"Irgendwas klingelt da.", stellte Alexandra fest.
"Ich hör nichts.", sagte Claudia.
"Ich auch nicht.", war sich auch Paul ganz sicher.
"Doch! Das kommt von drüben. Bestimmt dein Handy, Papa!"
"Ja, ja, ich geh ja schon."
Paul hatte sein Handy, genau wie sein Portemonnaie, seinen Schlüsselbund und seine Digicam, in die Schublade gelegt, in die er seine Strümpfe eingeräumt hatte. Er kam gerade noch rechtzeitig.
"Paul Sommer!"
"Wo steckst du denn. Liest du deine E-Mails nicht mehr? Seit Donnerstag versuch ich dich zu erreichen!"
"Hallo Michi! Entschuldigung, aber wir machen gerade Urlaub. Man gönnt sich ja sonst nichts. Was gibt es denn so Wichtiges?"
"Das ist es ja. Eigentlich gar nichts. Nur Gerüchte. Aber das ist schlimmer, als wenn endlich mal einer sagen würde, was los ist."
"Michi entschuldige, aber ich bin im Urlaub. Ich muss meine grauen Zellen erst wieder auf Betriebstemperatur bringen. Im Moment versteh ich wirklich nur Bahnhof. Was für Gerüchte?"
"Kurz gesagt, dass Novalis hier dicht macht!"
"Wie dicht macht?"
"Alles ab nach Indien!"
"Denk doch mal in Ruhe nach. Wie soll das denn gehen?"
"Weiß ich auch nicht. Aber du kennst ja Buschmann!"
"Da hast du auch wieder Recht. Was sagt denn Tatjana? Die muss doch was wissen!"
"Die ist hier und hört mit. Das…"
"Grüß sie schön!"
Paul hörte Tatjana im Hintergrund, verstand aber nicht, was sie sagte.
"Sie weiß von nichts. Sie vermutet seit einiger Zeit, dass Buschmann einiges von der Sekretärin des Vorstandsvorsitzenden schreiben lässt. Er ist auch so oft da drüben im Büro."
"Und wer hat das gesagt? Das mit Indien mein ich."
"Kennst du den Brecht aus der Unternehmensplanung? Ne, kannst du nicht kennen. Der meint, unser Betriebsratsvorsitzender hätte so Andeutungen gemacht. Der sitzt doch als Arbeitnehmervertreter mit im Aufsichtsrat. Und irgendwie geht das überall rum. Wer kann da schon sagen, wo das wirklich herkommt."
"Kann ich was für dich tun?"
"Gut wär, du würdest Buschmann schnellstens einen neuen Job besorgen, am besten einen in Indien! Ist doch sein Lieblingsland."
"Na, du hast deinen Humor ja doch noch nicht ganz verloren. Das beruhigt mich."
"Du machst doch jetzt auf Outplacement. Da hast du Kontakte und hörst so einiges. Wenn da mal ein interessanter Job für mich dabei ist, dann ruf mich an. Ich möchte mich ungern überraschen und auf dem falschen Fuß erwischen lassen. Dann lieber schon das eine oder andere Eisen im Feuer haben."
"Ok, mach ich. Aber so schlimm wird es schon nicht kommen!"
"Das sagst du. Hier hört man wie gesagt alles Mögliche. Alles was nicht Marketing, Vertrieb oder Service ist, soll weg oder stark reduziert werden. Für Indien soll es ein Politprojekt werden. Der Einstieg in das Outsourcing für den deutschen Markt. Novalis arbeitet seit acht mit den Unis in Neu-Dehli und Bangalore zusammen. Dort sollen sie alles vorbereitet haben: Neue Studiengänge, deutsche Sprache und so. Die haben solche Sachen bisher nur mit Unternehmen aus dem englischen Sprachraum auf die Beine gestellt. Weißt du eigentlich, dass unsere Telefonzentrale seit sechs Monaten in Bangalore sitzt?"
"Wie bitte? Was wollen die Damen denn da?"
"Die Damen sind entlassen. Das machen jetzt irgendwelche Inderinnen. Du, die sprechen perfekt Deutsch. Ich hab die ein paar Mal getestet. Weiß auch nicht, wie die das machen. Das klappt jetzt fast besser als früher. Keine Beschwerden."
"Aber Tatjanas Job wird er kaum nach Indien verlegen." "Du siehst ja, wenn er jetzt schon die vertraulichen Angelegenheiten ins andere Sekretariat vergibt."
"Ich glaub es einfach nicht!"
Paul hatte sich seit Langem kein neues Handy gekauft.
Als das Gespräch zwanzig Minuten später beendet war, setzte sich Paul, der das Telefonat im Stehen geführt hatte, erst einmal auf sein Bett und legte sein Handy aufs Kopfkissen. Er atmete tief durch. Wie gut, dass er nicht mehr in dieser Tretmühle war. Gut auch, dass Michi ihn nicht gefragt hatte, wo sie ihren Urlaub verbrachten.
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Paul - Outplacement - 15. Feb, 14:36
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