Tour de France
Kapitel 7 - 13. Juni 2007
Fahrradfahrer, Fahrradfahrer, Fahrradfahrer. Paul staunte. So viele Fahrradfahrer hatte er seit ihrem Urlaub in Südfrankreich nicht mehr gesehen.
Paul stieg hier und da vom Rad, um ein Foto zu schießen.
Damals hatte er Claudia und Alexandra tagelang in den Ohren gelegen. Er wollte unbedingt die Tour de France miterleben, seine Damen, Alexandra war zu jener Zeit erst sechs Jahre alt gewesen, weigerten sich mitzukommen. Sie wollten partout noch einmal zur großen Düne, in deren Nähe sie mit ihrem gemieteten Wohnmobil Quartier aufgeschlagen hatten. Paul musste schließlich allein zur Tour. Allein ihre Utensilien, vor allem die in der Miniküche, so verstauen, dass sie sich während seiner Fahrt nicht verselbstständigen konnten. Er musste allein das sperrige Mobil durch die eng stehenden Kiefernstämme des Campingplatzes manövrieren und dann allein Verkehr und Landkarte gleichzeitig im Blick behalten.
Prompt verfuhr er sich gleich mehrmals und hatte die Orientierung bereits verloren, als er von fern zwei Helikopter hörte und schnell näher kommen sah. Seine Logik funktionierte besser als sein Orientierungssinn. Von den TV-Übertragungen wusste er, dass jede Tour-Etappe von mehreren Motorradkameras aber auch von Kameras aus der Luft übertragen wird. Würden sich die Hubschrauber in gleicher Richtung und mit gleichem Tempo fortbewegen, hatte er nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Waghalsig hatte er das Mobil auf der schmalen Straße gewendet. Beinahe wäre er mit den durchdrehenden Hinterrädern aus dem sandigen Feldweg nicht wieder herausgekommen, in den er zurückgesetzt hatte. Bei dem Gedanken daran hatte Paul auch jetzt wieder den Gestank der Kupplung in Erinnerung, die sie wenige Tage darauf zwang, eine französische Werkstatt aufzusuchen.
Nach einer Rechtkurve und noch einmal fünfhundert Metern kam er nicht weiter. Es war abgesperrt. In einiger Entfernung sah er Zuschauer, nicht viel mehr als zwanzig an der Zahl. Die Hubschrauber waren jetzt direkt über ihnen und verursachten einen Höllenlärm. Paul schloss das Mobil ab und rannte los, so schnell er konnte. Als er die größere Querstraße erreicht hatte, sah er einen Pulk sich entfernender Trikots. Sie bewegten sich langsam, mit nicht mehr als 25 Stundenkilometern. Die Zuschauer begannen, den Ort des Geschehens zu verlassen. Paul wartete. Er keuchte immer noch. Das konnte unmöglich alles gewesen sein. Aber es kamen nicht einmal mehr irgendwelche Begleitfahrzeuge. Die Story hatte Claudia und Alexandra köstlich amüsiert. Sie hatte in all den Jahren immer wieder für gute Stimmung auf Partys und Familientreffen gesorgt. Damals hatte sich Paul geschworen, nie wieder zu spät zu kommen.
Heute hatte Paul alle Zeit der Welt. Die sieben Kilometer lange Strecke von Broek op Langedijk über Koedijk und Zanegeest nach Bergen legte er gemütlich in einer knappen halbe Stunde zurück. Er überlegte, wie er vorgehen sollte. Nun ist Bergen kein besonders großer Ort und er entschloss sich, ihn komplett abzufahren, sich vorsorglich alle Straßen und jedes einzelne Hotel einmal anzusehen. Seine Digitalkamera hatte er mitgenommen. Er war guter Dinge. Die Fahrradtour bei Sonnenschein und leichtem, angenehmem Wind hatte seinen Kopf freigepustet. Deshalb machte es ihm auch nichts aus, dass er vergeblich nach einem Fremdenverkehrsbüro Ausschau hielt. Es sollte sich im 4,5 Kilometer entfernten Bergen aan Zee befinden, einer Nachbargemeinde oder einem anderen Ortsteil? Paul wusste es nicht. Es war ihm auch egal. Er befragte kurz seine Wandel- & Fietskaart, überlegte nicht lange und fuhr weiter, Richtung Nordsee, die Eeuwigelaan und den Zeeweg entlang.
Beim Radeln kam ihm die Eeuwigelaan gar nicht so ewig lang vor. Parallel zur Straße führte der Radweg durch Schatten spendenden Laubwald, vorbei an noblen Villen auf riesigen Grundstücken, vergleichbar den Anwesen an der Elbchausse in Hamburg. Ihre Eigentümer mussten unverschämt reich sein. Solche Vermögen konnten sie nicht mit ihrer Hände Arbeit angehäuft haben. Der Baumbestand war so dicht, dass die Autos ihre Scheinwerfer eingeschaltet hatten. Paul wurde es fast ein wenig zu kühl. Viel schwerer als die Eeuwigelaan fiel Paul der Zeeweg, der sich über die Dünen schlängelte. Das kilometerlange Auf und Ab war nicht nur anstrengend, es kam für Paul total überraschend. Das hatte er im ansonsten flachen Nordholland überhaupt nicht erwartet. Erschwerend kam hinzu, dass der Gegenwind spürbar zunahm, je näher er der Nordsee kam. Westwind. Paul hatte ganz vergessen, sich etwas zu trinken mitzunehmen.
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Fahrradfahrer, Fahrradfahrer, Fahrradfahrer. Paul staunte. So viele Fahrradfahrer hatte er seit ihrem Urlaub in Südfrankreich nicht mehr gesehen.
Paul stieg hier und da vom Rad, um ein Foto zu schießen.
Damals hatte er Claudia und Alexandra tagelang in den Ohren gelegen. Er wollte unbedingt die Tour de France miterleben, seine Damen, Alexandra war zu jener Zeit erst sechs Jahre alt gewesen, weigerten sich mitzukommen. Sie wollten partout noch einmal zur großen Düne, in deren Nähe sie mit ihrem gemieteten Wohnmobil Quartier aufgeschlagen hatten. Paul musste schließlich allein zur Tour. Allein ihre Utensilien, vor allem die in der Miniküche, so verstauen, dass sie sich während seiner Fahrt nicht verselbstständigen konnten. Er musste allein das sperrige Mobil durch die eng stehenden Kiefernstämme des Campingplatzes manövrieren und dann allein Verkehr und Landkarte gleichzeitig im Blick behalten.
Prompt verfuhr er sich gleich mehrmals und hatte die Orientierung bereits verloren, als er von fern zwei Helikopter hörte und schnell näher kommen sah. Seine Logik funktionierte besser als sein Orientierungssinn. Von den TV-Übertragungen wusste er, dass jede Tour-Etappe von mehreren Motorradkameras aber auch von Kameras aus der Luft übertragen wird. Würden sich die Hubschrauber in gleicher Richtung und mit gleichem Tempo fortbewegen, hatte er nicht mehr viel Zeit zu verlieren. Waghalsig hatte er das Mobil auf der schmalen Straße gewendet. Beinahe wäre er mit den durchdrehenden Hinterrädern aus dem sandigen Feldweg nicht wieder herausgekommen, in den er zurückgesetzt hatte. Bei dem Gedanken daran hatte Paul auch jetzt wieder den Gestank der Kupplung in Erinnerung, die sie wenige Tage darauf zwang, eine französische Werkstatt aufzusuchen.
Nach einer Rechtkurve und noch einmal fünfhundert Metern kam er nicht weiter. Es war abgesperrt. In einiger Entfernung sah er Zuschauer, nicht viel mehr als zwanzig an der Zahl. Die Hubschrauber waren jetzt direkt über ihnen und verursachten einen Höllenlärm. Paul schloss das Mobil ab und rannte los, so schnell er konnte. Als er die größere Querstraße erreicht hatte, sah er einen Pulk sich entfernender Trikots. Sie bewegten sich langsam, mit nicht mehr als 25 Stundenkilometern. Die Zuschauer begannen, den Ort des Geschehens zu verlassen. Paul wartete. Er keuchte immer noch. Das konnte unmöglich alles gewesen sein. Aber es kamen nicht einmal mehr irgendwelche Begleitfahrzeuge. Die Story hatte Claudia und Alexandra köstlich amüsiert. Sie hatte in all den Jahren immer wieder für gute Stimmung auf Partys und Familientreffen gesorgt. Damals hatte sich Paul geschworen, nie wieder zu spät zu kommen.
Heute hatte Paul alle Zeit der Welt. Die sieben Kilometer lange Strecke von Broek op Langedijk über Koedijk und Zanegeest nach Bergen legte er gemütlich in einer knappen halbe Stunde zurück. Er überlegte, wie er vorgehen sollte. Nun ist Bergen kein besonders großer Ort und er entschloss sich, ihn komplett abzufahren, sich vorsorglich alle Straßen und jedes einzelne Hotel einmal anzusehen. Seine Digitalkamera hatte er mitgenommen. Er war guter Dinge. Die Fahrradtour bei Sonnenschein und leichtem, angenehmem Wind hatte seinen Kopf freigepustet. Deshalb machte es ihm auch nichts aus, dass er vergeblich nach einem Fremdenverkehrsbüro Ausschau hielt. Es sollte sich im 4,5 Kilometer entfernten Bergen aan Zee befinden, einer Nachbargemeinde oder einem anderen Ortsteil? Paul wusste es nicht. Es war ihm auch egal. Er befragte kurz seine Wandel- & Fietskaart, überlegte nicht lange und fuhr weiter, Richtung Nordsee, die Eeuwigelaan und den Zeeweg entlang.
Beim Radeln kam ihm die Eeuwigelaan gar nicht so ewig lang vor. Parallel zur Straße führte der Radweg durch Schatten spendenden Laubwald, vorbei an noblen Villen auf riesigen Grundstücken, vergleichbar den Anwesen an der Elbchausse in Hamburg. Ihre Eigentümer mussten unverschämt reich sein. Solche Vermögen konnten sie nicht mit ihrer Hände Arbeit angehäuft haben. Der Baumbestand war so dicht, dass die Autos ihre Scheinwerfer eingeschaltet hatten. Paul wurde es fast ein wenig zu kühl. Viel schwerer als die Eeuwigelaan fiel Paul der Zeeweg, der sich über die Dünen schlängelte. Das kilometerlange Auf und Ab war nicht nur anstrengend, es kam für Paul total überraschend. Das hatte er im ansonsten flachen Nordholland überhaupt nicht erwartet. Erschwerend kam hinzu, dass der Gegenwind spürbar zunahm, je näher er der Nordsee kam. Westwind. Paul hatte ganz vergessen, sich etwas zu trinken mitzunehmen.
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Paul - Outplacement - 31. Okt, 19:35
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